Habitat/Ökologie (Meinunger & Schröder 2007) Die Art wird neuerdings von Hedenäs (2003) in die Gattung Drepanocladus gestellt, dem wir hier nicht folgen. Zur Unterscheidung von dem nahe verwandten Campylium decipiens vergl. dort. Je nach Standortsverhältnissen ist das Erscheinungsbild sehr variabel. Größere Formen in Sümpfen sind Drepanocladus aduncus oder Campylium stellatum sehr ähnlich. Auf feuchtem Lehm finden sich stark abweichende kleine Formen, die als var. minus bezeichnet werden. Die Ausbildung der Blattrippe ist sehr unterschiedlich und kein sicheres Unterscheidungsmerkmal. Campylium polygamum ist autözisch, die sehr ähnlichen Arten C. decipiens, C. stellatum und Drepanocladus aduncus sind diözisch. Hygrophyt in basenreichen, nährstoffarmen bis mäßig eutrophierten Nieder- und Zwischenmooren, an See- und Teichufern, in Steinbrüchen, Sand- und Kiesgruben und auf feuchtem Lehm, auch auf Salzwiesen. Begleiter: Drepanocladus aduncus, Calliergonella cuspidata, Bryum pseudotriquetrum, Campylium stellatum, Scorpidium scorpioides. Verbreitungsschwerpunkt im Caricetum elatae und in Molinietalia-Gesellschaften, daneben auch im Caricetum lasiocarpae und Caricetum davallianae. Soziologische Angaben in Nebel & Philippi (2001). Strassl (2000) gibt die Art mit Chiloscyphus pallescens und Calliergonella cuspidata in einem Caricetum gracilis an. Campylium arcticum (R. S. Williams) Broth. Diese Art ist Campylium polygamum nahe verwandt und unterscheidet sich davon vor allem durch an der Basis hohle, den Stängel mehr oder weniger tütenförmig umfassende Blätter mit kurzer Doppelrippe. Eine ausführliche Beschreibung mit Abbildungen bringt Hedenäs (2003). Zur Ökologie bemerkt er: “This species rarely grows very far from the sea, and is found in association with lagoons, salt water pools, shore meadows, fens, or in association with bird cliffs, in mineral – and more or less nutrient – rich habitats”. Die Art gilt bislang als rein arktisch. In unserer Sammlung fand sich eine Probe, die möglicherweise hierher zu stellen ist. Sie gleicht habituell Campylium polygamum, besitzt aber nur kurze Doppelrippen. Hedenäs lässt zwar (ausnahmsweise) auch bei C. polygamum derartige Doppelrippen gelten, bei dem uns vorliegenden, oben zusammengestellten reichlichen Material aus dem Gebiet zeigt letztere Art aber immer, auch bei Kümmerformen, an ein und derselben Pflanze gut entwickelte, über die Blattmitte hinauf reichende einfache Rippen und daneben seltener Blätter mit Doppelrippen. Die Standortsverhältnisse unserer Probe entsprechen exakt den Angaben für C. arcticum bei Hedenäs. Campylium stellatum, das ebenfalls Dopprippen besitzt, ist diözisch, morphologisch und ökologisch völlig anders und kommt nicht in Betracht. SH: 2021/3 im Schilfgürtel der Flethseer Brake, mit Brachythecium rutabulum, Leptodictyum riparium, Leptobryum pyriforme, 10.06.1991, WS. Vergleichsmaterial stand uns nicht zur Verfügung. Nach C. Schmidt (in litt.), der grönländisches Material untersucht hat, ist die Taxonomie der Art vermutlich noch nicht völlig geklärt. Wir nehmen sie daher vorerst nicht als vollgültigen Bürger unserer Flora auf, möchten aber zu weiteren Beobachtungen anregen.
Verbreitung (Meinunger & Schröder 2007) Eine Art des Flach- und Hügellandes. Hauptverbreitung im Norden, besonders in Brandenburg. Weiter südlich selten und spärlich, auch in den Mooren am Alpenrand nur vereinzelt: SH: N. Jensen (1952): „verbreitet“. Inzwischen wie alle anderen Moorarten stark zurückgegangen und nur noch selten: Frahm & Walsemann (1973); Wolfram (1996); F. Schulz (in litt.); 1617/4 St. Peter-Ording, Heidemoor im Marschland vor dem Deich mit Erica tetralix und Empetrum nigrum, 02.07.1986, H. Lauer (!); 2224/2 Bredemoor O von Bevern, Fischteich, 15.12.1992, WS; 2230/2 Voßmoor, Gagel-Torfmoos-Birkenbruch, 07.05.1981, E. Walsemann (!). MV: Vor allem in einigen Seengebieten, sonst selten: Brockmüller (1870); Bürgener (1925; 1929); K. Koppe (1965); Klemm (1983); Doll (1982); Berg (1989); Richter et al. (1990); Doll & Richter (1993); Manthey (1999); 2635/1 Südufer des Neustädter Sees, 17.10.1992, LM; 2642/2 Sumpfgebiet am Prelitzsee, 01.10.1995, WS. NE: F. Koppe (1964): Auf den Inseln in feuchten Dünentälern, in Gräben und auf Salzwiesen häufig. In den übrigen Gebieten zerstreut. Neuere Angaben: Homm et al. (1995); Klinger (1980); Röller (1999); M. Preussing (!); 2727/1 Kiesgrube S Vierhöfen, 05.10.1997, LM; 3426/1 Westerceller Marsch, kleiner Waldteich nahe Bahntrasse, 04.10.2000, WS. STE: P. Kaiser (1907); Zschacke (1912); 4135/2 Kalkbruch SW Förderstedt, quellige Stelle, 06.10.1994, LM; 4236/1 Tümpel in einer Sandgrube SO Ilberstedt, 26.04.1989, K.-F. Günther (!); 4241/1 Südostseite des Bergwitzer Sees, alte Braunkohlegrube, mit Helodium blandowii, 01.03.1997 (!!). BB: In den Seengebieten hat die Art ihren Verbreitungsschwerpunkt im Gebiet: Warnstorf (1906); Reimers (1933; 1942a); K. Koppe (1941); Schaepe (1986; 1996; 1997); F. Müller & Rätzel (1995); J. Klawitter (in litt.); H. Köstler (in litt.); H. Voigt (!); M. Manthey (!); Rätzel et al. (1997); Landeck (1997); Otte (2002); Strassl (2000); 2842/2 Plötzen-See, Schilfzone, mit Bryum pseudotriquetrum, 05.10.1998, WS; 3439/2 Fenn W Böhne, 02.04.2001, WS; 3849/4 Godna-See, Südufer, Schilfzone, 09.10.1996, WS; 3951/2 S Karras, 04.10.1996, (!!); 3952/3 Mochlitzer See SW Ullersdorf, Schilfzone am Südwestufer, 02.10.1996, WS; 4047/2 Feuchtstelle im Wald 2 km NO Prierow, 04.06.2000, S. Rätzel & LM; 4053/4 Deulowitzer See, Uferzone, 09.10.1996, WS; 4152/3 Erlenbruch bei Maust, leg. C. Grätz, det. WS (!); 4345/1 S von Bicking bei Herzberg, Wiesengraben und alte Kiesgrube O Rahnisdorf, 02.06.2000, WS; 4346/1 Ölsiger Luch, mit Brachythecium salebrosum, 03.06.2000, S. Rätzel & WS. NB: Loeske (1903); Wehrhahn (1921); Nowak (1965); F. Koppe (1964); Jurkutat (2002); M. Koperski (!); E. Walsemann (!); M. Preussing (!); 3415/3 NSG „Bergsee“ N Damme, 26.08.2000, LM. ST: Loeske (1903); Zschacke (1903; 1905); 4835/3 ehemalige Dorfstelle 2 km SSW Burgholzhausen, 05.03.1999, LM. NW: F. Koppe (1977); Düll (1980); C. Schmidt (1992; 1994); F. Jurkutat (!); U. W. Abts (!); C. Schmidt & Heinrichs (1999); 4012/1 Waldstück NO Heidehof, Kreidekalkmergelboden am Rande der Bahngleise, 27.05.2000, C. Schmidt (!); 4303/4 „Berberheide“ SSO Kervenheim, 19.12.1976, leg. R. Düll als Campylium radicale, rev. WS (!). HE: Röll (1926); Grimme (1936); G. Schwab (in litt.). TH: Röll (1915); Reimers (1940); Meinunger (1992); 4940/1 Halde Phoenix-Ost, nasser Kippenboden, 1997, leg. K. Strumpf, det. LM (!); 5534/2 Örtelsbruch NO Lehesten, mit Equisetum variegatum, 25.09.1993, (!!). SN: Riehmer (1926); Bergner (1937); F. Müller (1996; 2004); Biedermann (2000); 4651/1 zentrales Heidemoor, 31.07.2004, leg. M. Siemsen, det. WS (!); 4741/4 Waldsumpf im Buchholz S Grethen, 05.02.1994, WS. RP, SL: Düll (1995); Caspari et al. (2000); Caspari (2004); Lauer (2005). BW: Zerstreut im Alpenvorland, sonst sehr selten. Zusammenfassende Darstellung: Nebel in Nebel & Philippi (2001); 6927/4 NSG Großtiefenweiher N Hintersteinbach, 28.03.1996, LM. BY: Nordbayern: Walther & Molendo (1868); Familler (1913); R. Lübenau (!); W. Wurzel (!); M. Preussing (!); 6137/1 mesotrophes Flachmoor am Lutzenweiher, 15.05.2001, E. Hertel (!); 6138/1 Föhrenbühl O Grötschenreuth, Serpentin, 18.05.2003, LM. Südbayern: Familler (1913); Poelt (1954); F. Koppe (1952); Paul (1943); 7233/4 Erlenbruch O Rothheim, 10.05.1996, LM; 7330/2 NSG Mertinger Hölle, 24.05.2004, K. Offner (!); 7734/3 Graßlfinger Moos bei Olching, Übergangsmoor, 8/1995, W. v. Brackel (!); 7833/3 NSG Bernrieder Moor, 20.05.1998, WS; 7839/4 im Irlhamer Moos, 13.05.1998, LM. – Zu streichen: Lübenau (1991), ist Campylium elodes, rev. LM (!). Alpen: 8533/4 W Mittenwald, N Kranzberglift-Talstation, zwischen Bulten von Carex elata, mit Scorpidium turgescens, Drepanocladus sp., Calliergonella cuspidata, 1010 m, 27.09.1992, R. Lotto (!). – Unsichere Angabe: Thyssen (1968), Belege lagen uns nicht vor.
Bestand und Gefährdung (Meinunger & Schröder 2007) Unter günstigen Bedingungen an ungestörten Stellen kann die Art größere Bestände bilden. An den meisten heutigen Wuchsorten findet sie sich spärlich in meist kümmerlichen, oft schwer bestimmbaren Rasen. Sie hat durch großräumige Vernichtung ihrer Wuchsorte den größten Teil ihrer ehemaligen Vorkommen verloren. Sie ist zwar in der Lage, geeignete Sekundärstandorte zu besiedeln, doch ist das Angebot derartiger Stellen insgesamt sehr gering. Solche Stellen unterliegen meist rascher Sukzession oder werden in andere Nutzungsformen überführt und entspannen die Gefährdungssituation nur geringfügig. Nur in Brandenburg kommt die Art auch heute noch in größeren Beständen vor und ist relativ wenig gefährdet, Klawitter et al. (2002): RL 3. In fast allen übrigen Gebieten wird sie von den jeweiligen Bearbeitern als sehr stark gefährdet eingestuft: RL 2, in NW von Schmidt & Heinrichs (1999) mit RL 1.